Wichtige News
Seit Einführung des FINIG/AO‑Modells zahlen unabhängige Vermögensverwalter (UVV) nicht nur ihre individuellen Gebühren (Bewilligungen, Meldungen, Verfahren), sondern auch eine kollektive Aufsichtsabgabe. Gerade bei den UVV ist diese Abgabe zwischen 2022 und 2024 sprunghaft gestiegen: Die Unterdeckung im Aufsichtsbereich der Aufsichtsorganisationen (AO), über den UVV finanziert werden, kletterte von CHF 1.86 Mio. (2022) auf CHF 9.247 Mio. (2024) – und entsprach damit rund 75 % der gesamten Kosten in diesem Bereich.
Drei von vier Franken sind also nicht verursacherbezogen zuordenbar; sie werden pauschal auf die Branche umgelegt. Das belastet vor allem kleine Häuser – obwohl die Mehrheit der UVV Kleinstunternehmen mit weniger als drei Vollzeitstellen sind.
Was das Gesetz verlangt: Kostenwahrheit und Verursacherprinzip
Die FINMA finanziert sich vollständig über Gebühren (für individuelle Verfahren/Dienstleistungen) und Aufsichtsabgaben (kollektive Kosten pro Aufsichtsbereich). Das FINMAG Art. 15 und die FINMA‑Gebühren‑ und Abgabenverordnung (FINMA‑GebV) verpflichten zur möglichst verursachergerechten Zuordnung: Gebühren individuell, Abgaben nach Aufsichtsbereich und nachvollziehbaren Schlüsseln.
Direkte Gebühren: höher als erwartet – und umstritten
Für Bewilligungen, Meldungen und Verfahren erhebt die FINMA Einzelgebühren. Die FINMA weist selbst aus, dass im Bewilligungsprozess UVV/Trustees durchschnittlich CHF 6’411 pro Verfahren verrechnet wurden (zeitorientierte Tarifierung gemäss GebV‑Rahmen). In der Branche gelten Teile dieser Praxis als zu teuer im Vergleich zu anderen Behörden. Fakt ist: Die FINMA verrechnet nach Zeitaufwand/Rahmentarif.
Bereits in seiner Stellungnahme vom 17. März 2022 zur FINMA-Gebührenordnung kritisierte der Preisüberwacher den hohen Stundenansatz von CHF 100–500 als „äusserst hoch“ und warnte vor einer möglichen Überbelastung kleiner Institute sowie Ungleichbehandlung und Quersubventionen. Er empfahl, Gebühren zu senken, einen internationalen Benchmark zu erstellen und die Abgabenstruktur mit einem Transparenzinstrument offenzulegen. Eine Umsetzung dieser Empfehlungen ist bislang nicht erfolgt.
Die Kollektivschiene: Unterdeckung steigt sprunghaft
Die Unterdeckung (Differenz zwischen berechnetem Abgabenbedarf und vereinnahmten Abgaben je Aufsichtsbereich) explodierte gesamt FINMA von CHF 1.288 Mio. (2022) auf CHF 22.915 Mio. (2024). Speziell im Bereich unabhängige Vermögensverwalter stieg sie von CHF 1.860 Mio. (2022) auf CHF 9.247 Mio. (2024). Das ist rund 75 % der dortigen Gesamtkosten (9.247 / 12.285 ≈ 75 %).
Warum gerade UVV hart getroffen werden
UVV werden nicht direkt von der FINMA beaufsichtigt, sondern zweistufig: FINMA bewilligt und beaufsichtigt die AO; die AO führen die laufende Aufsicht/Prüfungen bei den UVV. Das Modell soll Effizienz bringen – in der Praxis bleiben jedoch Doppelspurigkeiten bestehen (z. B. von einzelnen Rückfragen, bis hin zur kompletten Prüfung trotz AO‑Vorarbeit). Die FINMA betont in ihrer Aufsichtsmitteilung 01/2024 die Rollenverteilung – de facto entstehen aber zusätzliche Review‑Schleifen, die Kosten in beiden Stufen erzeugen.
Wie die Rechnung verteilt wird – und warum fast alle AOs systematisch verlieren
Die FINMA stellt die Abgabe für den gesamten Aufsichtsbereich auf Basis der Anzahl angeschlossener AOs in Rechnung. Diese Pauschale pro Institut widerspricht dem UEG Art. 1 c, da sie kleinere Vermögensverwalter überproportional belastet. Zwar können die AOs theoretisch selbst entscheiden, wie sie die ihnen zugeteilten Kosten auf ihre Mitglieder umlegen. In der Praxis nützt diese „Flexibilität“ jedoch wenig – denn die Benachteiligung entsteht schon bei der Zuteilung durch die FINMA: Nur eine einzige AO, die AOOS, ist von der pro-Institut-Methode bevorteilt. Dort sind die grössten und umsatzstärksten Vermögensverwalter der Branche angeschlossen, die einen wesentlichen Teil der Gesamtumsätze im UVV-Sektor erzielen.

Gemäss Schätzungen von InPaSu dürfte AOOS alleine durch das Pauschal-System um knapp CHF 2 Mio. pro Jahr entlastet werden (gemäss Grafik). Die anderen AOs, deren Mitgliederbasis mehrheitlich aus kleineren UVV besteht, tragen diese Last mit – bei einer Umlage nach wirtschaftlichen Kennzahlen würden kleinere Vermögensverwalter um 25–90 % entlastet, und somit gleich behandelt wie es bei allen anderen FINMA-unterstellten Instituten der Fall ist, nach wirtschaftlichen Kriterien.
Diese strukturelle Bevorteilung einer einzelnen AO verzerrt den Wettbewerb. Sie erklärt auch, warum der der AOOS nahestehende Berufsverband VSV öffentlich in seiner Positionierung an dieser FINMA-Methode festhält – trotz der klaren Benachteiligung der grossen Mehrheit kleinerer UVV, welche auch bei diesem Verband angeschlossen sind. InPaSu hat hierzu öffentlich Stellung genommen und sich klar von der VSV-Position distanziert. Die aktuelle Methodik bevorzugt grosse Player und mindert die Attraktivität für Neugründungen.
UEG‑Kompass: Pauschalen, die KMU stärker belasten, widersprechen dem Geist der Entlastung
Das Unternehmensentlastungsgesetz (UEG) will Regulierungskosten senken und Proportionalität/KMU‑Verträglichkeit stärken (in Kraft seit 1. 10. 2024). Eine pro‑Institut‑Pauschale in einem heterogenen Markt verfehlt diesen Geist – sie belastet kleine UVV relativ stärker als grosse. Genau hier beisst sich die Umlagepraxis.
Der Rechts- und Informationszugang: UVV sitzen «eine Stufe zu tief»
Die FINMA adressiert die Abgabe formell an die AO. Folge: UVV erhalten de facto die Rechnung von der AO und nicht von der FINMA. Sie haben somit gegenüber der FINMA keine unmittelbaren Auskunfts‑ oder Rechtsmittelrechte – sie müssten die eigene AO anfechten und die AO müsste die FINMA anfechten, was realitätsfern ist (Abhängigkeit, Kosten, Erfolgsaussichten). Diesen Rechtsschutz‑Gap kritisiert sowohl InPaSu als auch der VSV öffentlich.
Die Mehrheit der UVV sind Kleinstunternehmen – Proportionalitätsproblem verschärft sich
Die Mehrheit der bewilligten Institute sind Kleinstunternehmen mit weniger als drei Vollzeitangestellten. Wird die Abgabe pro Kopf/Institut statt nach Wirtschaftlichkeit/Risiko verteilt, trifft das 80–90 % der Basis unverhältnismässig.
Harte Zahlen aus den FINMA‑Rechnungen –der Kern der Schieflage
- Gesamt‑FINMA Unterdeckung: CHF 1.288 Mio. (2022) → CHF 22.915 Mio. (2024).
- Aufsichtsbereich UVV Unterdeckung: CHF 1.860 Mio. (2022) → CHF 9.247 Mio. (2024); 2024 entspricht das ≈ 75 % der Gesamtkosten des AO‑Bereichs (9.247 / 12.285).
- Diese Verlagerung weg vom Verursacherprinzip ist der Kern des Problems.
Doppelspurigkeiten im zweistufigen Modell
Die FINMA betont den Grundsatz: laufende Aufsicht = AO, Bewilligung/Grundsatzaufsicht = FINMA. Praktisch werden AO‑geprüfte Meldungen/Änderungen jedoch immer auch von der FINMA geprüft = Doppelt. Das mag rechtlich sauber sein – ist aber teuer und konterkariert den Effizienzgewinn des AO‑Modells. Die Aufsichtsmitteilung 01/2024 beschreibt das Modell; die Doppeltprüfung ist ein beobachteter Effekt, nicht ausdrücklich normiert. Konsequenz: Mehr Kosten, die verursacherbezogen zuordenbar sind.
Was jetzt zu tun ist – konkrete Korrekturen, die im Interesse der FINMA selbst liegen
a) Umlage nach Wirtschaftlichkeit & Risiko – weg von der Kopfpauschale.
Die FINMA hat alle Daten: AO‑Prüfberichte, Kennzahlen und Risikoeinschätzung je Institut. Eine Abgabe nach wirtschaftlichen und risikobasierten Kriterien (analog zu anderen Aufsichtsbereichen) wäre sofort machbar – und verursachergerechter. Das entspräche FINMAG/FINMA‑GebV und dem UEG‑Gedanken.
b) Transparenz & Rechtsmittelzugang für UVV herstellen.
UVV sind wirtschaftlich die Zahler; daher sollten sie direktes Informations‑ und Anfechtungsrecht gegenüber der FINMA‑Abgabe haben – nicht nur über den Umweg AO. Das erhöht Akzeptanz und Disziplin bei der Mittelverwendung. Die aktuelle Konstruktion schafft einen Accountability‑Gap, den selbst Branchenverbände kritisieren.
c) Doppelte Prüfungen abbauen.
Die FINMA sollte definieren, wann AO‑Prüfungen als abschliessend gelten (Standardfälle) und wann FINMA‑Vertiefungen nötig sind (Ausnahmen). Das spart Zeit/Geld und erhöht die Planbarkeit für alle Beteiligten.
d) Unterdeckung strukturell begrenzen.
Die 22.915 Mio. Unterdeckung (2024, total) ist ein Alarmsignal. Ein Cap (z. B. pro Bereich relativ zum Aufwand) oder ein Pfad zur Rückführung auf historische Niveaus würde die Kostensteuerung erzwingen.
e) UEG‑Check ex ante und ex post.
Die Umlage‑Methodik sollte einem UEG‑Konformitätscheck unterzogen werden – vor und nach der Veranlagung. Das Bundesrecht verlangt genau solche KMU‑verträglichen Lösungen.
Warum die FINMA selbst ein Interesse an der Korrektur hat
- Glaubwürdigkeit des Verursacherprinzips: Wenn drei Viertel der AO‑Kosten nicht direkt zugeordnet werden, leidet die Akzeptanz in der Branche – gerade bei Kleinstinstituten, die den Grossteil dieser Kosten tragen.
- Rechtssicherheit und Ruhe im System: Direkte Rechtsmittel und Transparenz entschärfen Konflikte.
- Effizienz: Klare Schnittstellen FINMA↔AO senken die Kosten – und damit künftige. Unterdeckungen.
Fazit: Die Zahlen sind eindeutig: Die Unterdeckung im Aufsichtsbereich der UVV – und damit die FINMA‑Abgabe, die auf UVV gewälzt wird – ist in zwei Jahren explodiert. Der Mechanismus, die Rechnung pro Institut zu verteilen, benachteiligt systematisch die kleinen Vermögensverwalter, obwohl diese den Sektor prägen. Die Lösung liegt nicht in mehr Pauschalen, sondern in besserer Zuordnung (Wirtschaftlichkeit und Risiko), Transparenz und zielgenauer Zusammenarbeit zwischen FINMA und AO. Genau diese Korrekturen stärken Proportionalität, Rechtsstaatlichkeit und die Seriosität der Aufsicht – im Interesse der FINMA und der ganzen Branche.
Ein konstruktiver Reformvorschlag – fair, gesetzeskonform und praxistauglich
Die Initiative Patrimoniale Suisse hat dem Eidgenössischen Finanzdepartement ein alternatives Modell unterbreitet, das sich am bewährten Bankenmodell orientiert und die heutigen Fehlanreize beseitigen würde:
- Grundpauschale: CHF 500—1’000 pro Institut maximal jedoch 1% vom Umsatz.
- Umsatzabhängiger Teil: bis max. CHF 50’000 – und nur für die rund 200 grössten UVV der Branche.
- Direkte Rechnungsstellung durch die FINMA an jedes Institut – nicht über die AO.
Dieses Modell würde eine Abstufung im Verhältnis von ca. 1 : 50 ermöglichen, kleine Unternehmen spürbar entlasten und gleichzeitig die Finanzierung der Aufsicht sichern.
Vorteile auf einen Blick:
- Faire Kostenverteilung nach wirtschaftlicher Tragfähigkeit
- Stärkung des Wettbewerbs und Senkung der Eintrittshürden für Neugründungen
- Transparenz und klare Verantwortlichkeiten durch direkte Rechnungsstellung
- Vollständige Kompatibilität mit dem Unternehmensentlastungsgesetz (UEG)