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PMS als „wesentliche Auslagerung“? Warum die FINMA mit ihrer Praxis am Ziel vorbei reguliert

Die FINMA stuft den Einsatz eines cloudbasierten PMS-Tools durch unabhängige Vermögensverwalter als „Delegation einer wesentlichen Tätigkeit“ ein. Die Konsequenz: eine Bewilligungspflicht pro Institut, begleitet von einem komplexen, teuren und faktisch abschreckenden Verfahren. Doch diese Praxis steht in mehrfacher Hinsicht auf wackligem Fundament – sowohl fachlich als auch kostenbezogen.

Technik ≠ Delegation: Die Unschärfe im Begriff der „wesentlichen Tätigkeit“


Gemäss FINMA liegt eine wesentliche Auslagerung vor, wenn Kundendaten auf einem externen Server gespeichert werden – auch dann, wenn der Vermögensverwalter das Tool ausschliesslich zur eigenen Tätigkeit nutzt und keinerlei operative Verantwortung abgibt.

Diese Auslegung ignoriert, dass ein PMS-Tool:

  1. keine unternehmerische Verantwortung übernimmt,
  2. keine Entscheidungen trifft,
  3. keine Kundeninteraktionen führt.

Es handelt sich um ein Hilfsmittel der Datenverarbeitung, nicht um eine „delegierte Funktion“ im eigentlichen Sinn.

Vergleich: Niemand würde ein physisches Aktendepot im Büro eines Steuerberaters als „wesentliche Auslagerung“ werten – obwohl dort ebenso Kundendaten lagern.

Der eigentliche Skandal: Die Kostenstruktur der Bewilligungspflicht


Die FINMA erhebt für jede einzelne Bewilligung einer solchen „Delegation“ mindestens CHF 500, unabhängig davon, ob sich der Vorgang auf ein standardisiertes Tool mit bekannten Rahmenbedingungen bezieht. Doch damit nicht genug:

  • Die juristische Anpassung des Organisationsreglements (OrG) verursacht weitere CHF 500–800 – je nach Komplexität.
  • Die Aufsichtsorganisation (AO) prüft und begleitet den Vorgang – meist mit weiteren CHF 500–700.
  • Gesamtkosten für die Einführung eines PMS-Tools: zwischen CHF 1'500 und 2'000 – pro Institut, wohlgemerkt.

Das entspricht etwa dem Jahresbudget für IT bei kleinen Vermögensverwaltern – nur um ein effizientes Tool „bewilligen“ zu lassen, das eigentlich zur Qualitätssicherung und Risikominimierung beiträgt.

Risikoabsicherung wird zur Risikoerhöhung – zumindest finanziell


Die Krux: Die FINMA will sich nicht verbindlich dazu äussern, ob der Einsatz eines PMS-Tools die Risikoeinstufung und damit die Prüfkadenz beeinflusst. Sollte dies geschehen, bedeutet das:

  • Zusätzliche Audits innerhalb eines 4-Jahres-Zyklus
  • Mehrkosten von CHF 4'000 bis 8'000 pro zusätzlichem Audit
  • In Audit-Jahren ist der regulatorische Mehraufwand teurer als das Tool selbst

Damit wird aus einer Massnahme zur Verbesserung der internen Kontrolle ein finanzieller Risikofaktor – ein klassischer Fehlanreiz durch Regulatorik.

Regulierung soll schützen – nicht blockieren


Der eigentliche Zweck der Regulierung liegt im Schutz der Anleger und der Sicherstellung einer soliden Geschäftsorganisation. Ein zentral installiertes PMS-Tool auf Schweizer Servern mit verschlüsselter, geschützter Struktur erfüllt genau diese Anforderungen – oft besser als individuelle Insellösungen mit inkonsistenter Dokumentation.

Die FINMA hingegen stellt hohe Hürden auf, ohne den tatsächlichen Zugewinn an Sicherheit oder Kontrolle klar zu beziffern. Das hat Konsequenzen:

  • Kleinere UVV verzichten auf Digitalisierung
  • Manuelle Prozesse und Excel-Listen bleiben gängige Praxis
  • Die FINMA verliert Akzeptanz, wo sie Vertrauen aufbauen sollte

Fazit: Bewilligungspflicht darf kein Geschäftsmodell werden


Die Frage sei erlaubt: Geht es bei der Einordnung als „wesentliche Delegation“ um aufsichtsrechtliche Substanz – oder um eine zusätzliche Einnahmequelle? Die aktuelle Praxis wirkt wie eine Gebührenoptimierung auf dem Rücken jener Institute, die ohnehin am wenigsten Spielraum haben.

Was es stattdessen braucht:

  • Eine differenzierte Auslegung des Delegationsbegriffs im Kontext rein technischer Tools
  • Eine klare Aussage, dass standardisierte PMS-Lösungen nicht automatisch die Prüfkadenz erhöhen
  • Vereinfachte Verfahren für wiederkehrende Konstellationen – inklusive reduzierter Gebühren

Nur so wird Regulierung wieder zu dem, was sie sein soll: ein Schutzmechanismus mit Augenmass – und kein kostspieliges Hindernis für Fortschritt.

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