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Regulierung im Vergleich: Schweiz und USA – ein ungleicher Wettbewerb

Dienstag, 30 September 2025

Die Regulierung der Vermögensverwalter ist in Bewegung. Während die Schweiz seit Jahren immer komplexere Regeln einführt, setzt die US-Aufsicht auf schlanke Prozesse, klare Zuständigkeiten und Kostenfairness. Der direkte Vergleich zeigt, dass sich die Schweiz zunehmend selbst stranguliert – zulasten ihrer Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit.

Interview mit Alex Orus, CEO Principalium Capital AG

Zwei Systeme, zwei Philosophien

In den USA wird zwischen Wertpapier- und Rohstoffmärkten unterschieden: Die SEC beaufsichtigt Wertpapiere, die CFTC den Termin- und Derivatehandel. Die laufende Aufsicht über spezialisierte Vermögensverwalter – etwa Commodity Trading Advisors (CTAs) – übernimmt die NFA als Self-Regulatory Organization. Diese Struktur ist einfach: eine Behörde, ein Ansprechpartner, digitale Prozesse.

In der Schweiz bewilligt die FINMA zwar die Institute, delegiert die Aufsicht jedoch an private Aufsichtsorganisationen (AOs). Diese wiederum arbeiten mit externen Revisionsgesellschaften. Es entsteht ein mehrstufiges System (FINMA ↔ AO ↔ Revisionsstelle), das aus Sicht vieler Marktteilnehmer primär Bürokratie schafft. „Die Schweiz kennt eine Heterogenität der AOs, die zu unterschiedlichen Interpretationen führt und Standardisierung verhindert. Das Resultat sind Mehrfachmeldungen, höhere Kosten und lange Durchlaufzeiten“, erklärt Principalium Capital im Gespräch.

Prüfungen: Effizienz vs. Formalismus

Der Prüfungsrhythmus ist einer der augenfälligsten Unterschiede. Die NFA führt ihre Examinations risikobasiert im Abstand von drei bis vier Jahren durch. Grundlage sind die vierteljährlichen Program Filings, in denen CTAs standardisierte Angaben zu Assets under Management, Kundenzahlen, Performance und Finanzkennzahlen machen. Auffälligkeiten – etwa verspätete Meldungen oder sprunghafte Asset-Zuwächse – führen gezielt zu einer Prüfung. Der Aufwand pro Filing beträgt weniger als eine Stunde, alles erfolgt über digitale Standardformulare.

In der Schweiz hingegen werden auch kleine, risikoarme Institute jährlich geprüft. Die zugrunde liegenden Risikoeinstufungen bleiben intransparent, Planbarkeit existiert nicht.

Auch der Prüfungsfokus unterscheidet sich klar: In den USA liegt er auf Inhalten wie der korrekten Performance-Berechnung, der Überprüfung von Marketingmaterialien (inklusive Standard-Disclaimer), der Identifizierung qualifizierter Investoren bei Kontoeröffnung, auf Asset-Management-Verträgen sowie Finanzberichten. Ziel ist praktischer Kundenschutz. In der Schweiz dominieren formelle Vorgaben – von Corporate Governance über interne Kontrollsysteme bis hin zu Vorabgenehmigungen im Gesellschaftsrecht.

Kostenexplosion in der Schweiz

Die Unterschiede schlagen sich unmittelbar in den Kosten nieder. In den USA belaufen sich die jährlichen Fixkosten für einen CTA auf rund 750 US-Dollar – inklusive NFA-Mitgliedschaft. Prüfungen erfolgen kostenlos durch die NFA selbst. Änderungen wie die Ernennung eines neuen Managers müssen der NFA lediglich online gemeldet werden – schnell und gebührenfrei.

In der Schweiz liegen die jährlichen Kosten dagegen bei rund 30’000 Franken. Darin enthalten sind AO-Beiträge, externe Revision, FINMA-Gebühren und zusätzliche Kosten für Compliance- und Risikomanagementunterstützung. Hinzu kommt der interne Aufwand, den Principalium mit „einem halben Tag pro Woche“ beziffert. Besonders gravierend sei die jüngste Entwicklung der FINMA-Abgabe: Von 2022 bis 2024 sind diese von CHF 1.86 Mio. auf CHF 9.247 Mio. angestiegen. Die Unterdeckung im Jahr 2024 betrug über 75 % der Gesamtkosten in diesem Aufsichtsbereich. Über 7’000 Franken inklusive Mehrwertsteuer wurden auf jedes einzelne Institut abgewälzt – ohne dass nachvollziehbar wäre, wie diese Kosten entstehen. Damit verfügt die FINMA faktisch über einen Blankoscheck und kann beliebige Beträge in Rechnung stellen, ohne dass sich die Institute dagegen wehren können.

„In den USA werden Anfragen innerhalb von zwei Tagen kostenlos beantwortet. In der Schweiz können selbst einfache Mutationen Wochen bis Monate dauern und kosten mehrere Hundert Franken Gebühren“, so die Einschätzung von Principalium.

Digitalisierung: Vorbild USA

Auch bei der Digitalisierung zeigt sich ein klarer Kontrast. Die NFA setzt auf zentrale Portale (ORS, EasyFile), standardisierte Templates und klare Deadlines. Schweizer Institute müssen dieselben Informationen hingegen mehrfach einreichen – bei der FINMA über das EHP, bei der AO in deren eigenem Format und zusätzlich bei externen Revisoren. Ein echtes „once-only“-Prinzip, bei dem Daten nur einmal eingereicht werden, fehlt.

EU-Normen und ihre Schattenseiten

Ein zentraler Treiber der Schweizer Regulierungsflut war die Anpassung an europäische Normen: FIDLEG, FINIG und weitere Gesetze wurden eingeführt, um den Marktzugang in die EU zu sichern. Doch dieser Zugang ist bis heute nicht erreicht. Stattdessen hat die Schweiz ein bewährtes Aufsichtssystem aufgegeben und durch bürokratische Vorgaben ersetzt, die den Nutzen für Kunden kaum erhöhen.

„Im Grunde hat die Schweiz ihre eigene Tradition der effizienten, pragmatischen Aufsicht aufgegeben, um ein europäisches Modell zu kopieren, das in der Praxis wenig Mehrwert bringt“, fasst Principalium zusammen.

Transparenz und demokratische Kontrolle

Ein weiterer Unterschied ist die Transparenz. In den USA sind Informationen zu regulierten Unternehmen und Personen über das NFA-BASIC-System öffentlich abrufbar – inklusive allfälliger Verstösse. Die FINMA dagegen ist die einzige Bundesbehörde, die nicht dem Öffentlichkeitsprinzip unterstellt ist. Sie muss dem Parlament keine Rechenschaft ablegen, Aufsichtsentscheide sind nicht frei zugänglich.

Fazit: Ein Modell mit Vorbildcharakter

Der Vergleich Schweiz–USA macht deutlich: Während die USA mit klaren Prozessen, schlanker Aufsicht und niedrigen Kosten einen funktionierenden Rahmen schaffen, lähmt sich die Schweiz zunehmend selbst. Hohe Fixkosten, Doppelspurigkeiten und Eingriffe ins Gesellschaftsrecht belasten vor allem kleine Institute – ohne dass der Kundenschutz spürbar verbessert wird.

Die Folgen sind gravierend: Die Regulierung stärkt die grossen Player, während der Mittelstand geschwächt wird. Die Attraktivität des Finanzplatzes nimmt ab.

Die Schweiz sollte sich deshalb nicht länger am europäischen Bürokratismus orientieren, sondern den Blick nach Westen richten. Standardisierte Prozesse, digitale Systeme, transparente Gebühren und ein klarer Fokus auf praktischen Kundenschutz – diese Elemente machen das US-Modell effizient und wettbewerbsfähig.

„Für kleine spezialisierte Institute entscheidet Effizienz über die Wettbewerbsfähigkeit“, bringt es Principalium auf den Punkt. „Die USA zeigen, dass standardisierte SRO-Prozesse funktionieren. Die Schweiz könnte mit einer konsequenten Harmonisierung das gleiche erreichen – ohne den Kundenschutz zu schwächen.“

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